Duftstoffallergie auf Weichspüler
Quelle:  Leserbrief/Artikel der Zeitschrift UMWELT & GESUNDHEIT 4/2011 > www.allergieverein-europa.de 

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit fünf Wochen habe ich eine Duftstoffallergie auf Weichspüler. Ich reagiere inhalativ, jedoch nur auf die neue Rezeptur der Weichspüler-Hersteller.

 

Die Duftstoffe des Weichspülers sind verkapselt und halten sich somit sehr lang auf der Kleidung, platzen erst bei Reibung beziehungsweise Bewegung des Trägers auf und entfalten dann ihre kompletten Duftstoffe, die sich ebenfalls lange halten.

Nach zirka zwei Stunden in einem Raum (Büro) mit einer Person, die diesen neuen Weichspüler trägt, bekomme ich durch das Einatmen Kopfschmerzen, Übelkeit, Hustenreiz und Konzentrationsstörungen, die so stark sind, dass ich nicht mehr arbeiten kann. Mit der Zeit benutzen immer mehr Kollegen diesen neuen Weichspüler, ich selbst verwende keinen Weichspüler.

Was kann ich tun? Ich habe sonst keinerlei Allergien. Ist diese neue Art von Weichspüler überhaupt gesund? Dieser langanhaftende Duft schädigt doch sicher auch die Umwelt?

Die neue Rezeptur mit der Verkapselung ist erst seit August im Handel, sagte mir einer der Weichspüler-Hersteller. In einiger Zeit werden wohl alle Weichspül-Verwender die neue Rezeptur im Haushalt haben und dann duftet es überall permanent.

Ist diese Beduftung über Verkapselung auf Gesundheits- und Umweltschäden getestet worden?

Die Duftstoffe darin sind so hartnäckig, dass sie auch auf meiner Kleidung und an meinen Haaren haften. Abends rieche ich nach Weichspüler, obwohl ich keinen benutze. Ich weiß nicht, wie ich diese Duftstoffe vermeiden soll, da ich gern weiterarbeiten möchte, mir aber der Weichspüler der Kollegen die Luft zum Atmen nimmt. Es ist mittlerweile eine permanente Dauerbeduftung im Büro.

Können Sie mir irgendwie helfen? Kennen Sie weitere Betroffene oder Therapiemöglichkeiten?

Ich bin auch ziemlich entsetzt, dass derartige Rezepturen erlaubt werden, denn wenn es diese hartnäckigen

Duftstoffe in verkapselter Form nicht geben würde, wäre ich nicht krank. Vor fünf Wochen war ich noch ein gesunder Mensch, dann kam eine neue Auszubildende in meine Abteilung und beduftet seither das Büro mit ihrem Weichspüler und schwups – bin ich krank. Ich habe Angst, meiner Arbeit nicht mehr nachgehen zu können, da die Konzentrationsstörungen und Kopfschmerzen sehr heftig sind. Seit 22 Jahren arbeite ich im Büro und Parfüm hat mich bisher nie gestört.

Ich möchte nur ungern chemische Medikamente nehmen müssen, damit ich den Duft ertrage. Bisher sagte jeder Arzt auch nur, dass ich den allergieauslösenden Stoff meiden soll. Wie soll ich das tun, wenn immer mehr Menschen diese verkapselten Duftstoffe mit sich tragen? Bitte helfen Sie mir.

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort.

D. S. aus E. (Name und Adresse der Redaktion bekannt)

Antwort

Sehr geehrte Frau S.,

wir leben in einer Gesellschaft, die offen ist für neue Produkte, die sowohl dem ökonomischen Interesse des Herstellers als auch Verbraucherinteressen dienen. Im Konkurrenzkampf müssen neue Bedürfnisse geschaffen werden, damit der Absatz nicht stagniert. So wirbt die Firma Follmann, Hersteller von Mikrokapseln, die Duftstoffe in Riechproben von Zeitschriften freisetzen, mit den Worten: „Der stärkste Verkäufer ist der richtige Duft!“

In diesem Sinne agieren auch Hersteller von Wasch- und Reinigungsmitteln. Die Aufgabe des Zusatzes von Duftstoffen ist, über den „guten“ Geruch positive Emotionen beim Verbraucher auszulösen und so den Kunden langfristig an das Produkt zu binden. So beruft sich

der Hersteller von Lenor® darauf, dass 50 % der Hausfrauen einen stärkeren Duft wünschen und verkündet stolz, dass es gelungen sei, die Länge der Duftwirkung zu vervierfachen.

In Ihrem Falle war wohl die Duftverstärkung, eine konzentrationsabhängige Schwelle, Auslöser der anhaltenden Beschwerden. Viele Chemikalien sensible Personen kennen den „Tropfen“, der das Fass bei ihnen zum Überlaufen gebracht hat. Möglicherweise sind es bei Ihnen die „Frische-Perlen“ im Weichspüler.

Obwohl die Inhaltsstoffe von Wasch- und Reinigungsmittel auf ihre Giftwirkung vor der Zulassung untersucht wurden, ist über toxische Langzeitwirkungen wenig bekannt. In Kosmetika und Pflegemitteln sind Tausende Duftstoffe zugelassen ohne das sie bisher ausreichend auf gesundheitliche Unbedenklichkeit und ihr Allergiepotenzial getestet wurden. Seit 2003 müssen 26 Duftstoffe deklariert werden, die allergische Reaktionen hervorrufen. Doch auch hier gibt es ein Graufeld der individuellen Überempfindlichkeit.

Nach Schätzung des Umweltbundesamtes gibt es eine Million Bundesbürger, die empfindlich auf Duftstoffe reagieren.

Da hochsensible Personen prinzipiell auf alles reagieren können, sind Deklarationen wie „hypoallergen“, „allergikergeeignet“ und „klinisch gestestet“ für sie nutzlos. Die Waschmittelindustrie (zum Beispiel Henkel mit seinem „Persil® sensitiv“ schmückt sich aber gern mit einem Allergikersiegel und wirbt für einen „Haut-Allergiker-verträglichen Duft“. Was sich unter „Haut-Allergiker- freundlichen“ Duftstoffen verbirgt bleibt Herstellergeheimnis und macht Duftstoff-Allergikern weiterhin zu schaffen.

Leider können wir weder Verbotsschilder aufstellen, noch Menschen zwingen, bezüglich der Verwendung von Duftstoffen Rücksicht auf Mitmensch und Umwelt zu nehmen. Falls es in Ihrer Firma einen Betriebsrat gibt: Sprechen Sie mit ihm. Er kann gegebenenfalls MitarbeiterInnen dazu bewegen, auf Duftstoffe zu verzichten.

Im Allergieverein in Europa e.V. - AVE gibt es ExpertInnen und Betroffene, die Ihnen in rechtlichen und therapeutischen Fragen zur Seite stehen können. Wenn Sie wünschen, werden wir Ihre Adresse intern weitergeben.

A.S.

UMWELT & GESUNDHEIT 4/2011

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